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Diversität in Unternehmen: Kein Sprint, sondern Marathon

Geschrieben von Caroline Günther | 09.07.2021

Stefanie Erdelbrauk von DEW21 - Dortmunder Energie- und Wasserversorgung GmbH und Doreen Rödel von der Leipziger Gruppe sind Treiberinnen für Vielfalt und Chancengleichheit in ihren Unternehmen.

Vielfalt ist die Normalität unserer Welt, trotzdem muss Chancengleichheit immer wieder betont werden und ist auch heute leider nicht selbstverständlich. Um einen nachhaltigen Wandel in der Unternehmenskultur zu erreichen, müssen Themen sichtbar gemacht und gezielte Maßnahmen ergriffen werden. Dabei geht es nicht um die Bevorzugung einzelner Gruppen, sondern um ihre Gleichstellung und die Beseitigung von Barrieren, die Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihres Alters, ihrer sexuellen Ausrichtung oder einer Behinderung bei der Ausübung ihres Jobs einschränken könnten.

Wie steigen Menschen nach der Elternzeit wieder in das Unternehmen ein? Wie erreichen wir im Unternehmen mehr Sensibilität für die Diversität der Menschen? Wie vielfältig sind wir eigentlich und welche Erfolge am Markt können wir daraus ziehen? Erfolgreiches Diversity Management basiert darauf, die spezifischen Bedürfnisse von allen Beschäftigten zu kennen, um ihr Arbeitsumfeld entsprechend zu gestalten.

Um Chancengleichheit und Vielfalt zu wahren, braucht es im Unternehmen Menschen, die diese Themen gezielt vorantreiben. Stefanie Erdelbrauk ist so jemand. Sie ist seit 13 Jahren bei der DEW21, sechs davon begleitet sie die Themen Chancengleichheit und Diversity. Seit Januar 2021 ist ihre Position die der Expertin für Diversity und Nachwuchsentwicklung. Die Menschen in ihrem Unternehmen kennt sie gut. Für viele gilt sie als Vertrauensperson.

Der Mensch im Fokus

„Ich selbst sehe mich als Unterstützerin von Prozessen, die sich am Menschen orientieren. In einem heiß umkämpften Markt, in dem Fachkräftemangel herrscht, ist das elementar. Ich erkläre, wie wichtig Diversität in Unternehmen ist, denn sie hilft dabei, die vielfältigen Bedürfnisse der Belegschaft, der Kundschaft und von Nachwuchskräften zu verstehen“, erzählt Erdelbrauk. Es geht dabei auch um das Wohlbefinden der Menschen: körperlich und seelisch, denn nur so können ihre Talente optimal im Unternehmen genutzt werden.

Menschen fühlen sich am wohlsten, wenn sie sehen, dass ihr individuelles Potenzial erkannt, wertgeschätzt und gefördert wird. Und neben anderen Dingen ist es das, was sie sich zur Aufgabe gemacht hat. Bei ihrer Arbeit geht es darum, Menschen zusammenzubringen, zu vernetzen und ihnen zu zeigen, wie sie voneinander profitieren können. Nur dann kann es gelingen, die Komfortzone zu verlassen und Vorurteile über den Haufen zu werfen. Sinnvoll ist dabei eine breite Palette an Maßnahmen. Zum Beispiel Netzwerke für einzelne Diversity-Gruppen, sodass diese selbst Themen im Betrieb einbringen können; Workshops, die die Vielfalt der Lebenserfahrungen, Meinungen, Alltagsrealitäten der Mitarbeitenden erfahrbar machen.

Potentiale heben durch vielfältige Perspektiven

Durch das Zusammenwirken von verschiedenen Anschauungen und Erfahrungen werden Unternehmen innovativer. Talente in verschiedenen Lebensphasen und mit unterschiedlichen Biografien können dem Unternehmen ein Vorsprung von Wissen und Erfahrung bringen, was sich positiv auf die Konkurrenzfähigkeit auswirkt. Studien belegen, dass Diversität zu mehr Zufriedenheit und höherer Bindung der Mitarbeitenden führt. Außerdem können Herausforderungen wie der demographische Wandel sowie Fachkräftemangel überwunden werden. Davon ist Doreen Rödel, Koordinatorin Konzernpersonalstrategie und Beauftragte Chancengleichheit bei der Leipziger Gruppe überzeugt.

Viele Unternehmen müssen mehrere Zielgruppen ansprechen, deren Bedürfnisse sich teilweise wandeln. Dafür gibt es verschiedene Instrumente, die es weiterzuentwickeln und auszubauen gilt. Diversität sichtbar zu machen, beschäftigt sie als Personalerin besonders. „Personalbereiche sind für die Menschen im Unternehmen da. Sie sollten positiv vorangehen, alle anzusprechen. Klar, hat die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch mit Diversity zu tun, aber ich finde, wir sollten auch bei der Sprache genauer hinsehen. So wie aufgrund der Pandemie zurecht über dauerhafte Flexibilisierung von Arbeit oder Nachhaltigkeit diskutiert wird, sollte dies auch für gendersensible Sprache gelten. Es ist die Zeit, richtige Impulse zu setzen, mit einer Sprache, die alle anspricht“, sagt Rödel.

Sprache kann für alle Diversity-Dimensionen mehr Sensibilisierung, Teilhabe und Gleichberechtigung bedeuten. Wichtig ist dabei das Verständnis, dass sich traditionelle Verhaltens- und Sprachmuster nicht von heute auf morgen ändern. Eine Sensibilisierung für eine neue – gleichberechtigte – Form der Kommunikation im Unternehmen ist selbst eine anspruchsvolle kommunikative Aufgabe und sollte als Prozess verstanden werden.

Den Weg hin zu mehr Vielfalt und Chancengleichheit gemeinsam gehen

Die Einführung von Diversity Management im Unternehmen ist ein profunder Veränderungsprozess. Da sind sich Stefanie Erdelbrauk und Doreen Rödel einig. Bei keiner Veränderung geht es nur darum, Menschen zu einem neuen Thema zu informieren und zu schulen. Schon gar nicht, wenn es auch um unternehmensstrategischen und kulturellen Wandel sowie persönliche Haltungsveränderungen geht. Entscheidend ist, zu verstehen, dass die Einführung und Umsetzung von Diversität in Unternehmen kein Sprint, sondern ein Marathon ist. Je mehr Mitarbeitende aller Hierarchieebenen und aller Abteilungen an diesem Marathon teilnehmen, desto eher kann die Akzeptanz und ein Mittragen gewährleistet werden.

Dieser Beitrag erschien erstmals in der Mai-Ausgabe 2021 der Zeitung für kommunale Wirtschaft (ZfK).