Im Interview spricht Senior-Kommunikationsberaterin Dr.-Ing. Stefanie Walter mit Prof. Dr. Walter Frenz, Leiter des Lehr- und Forschungsgebietes Berg-, Umwelt- und Europarecht an der RWTH Aachen University, über die rechtlichen Rahmenbedingungen für CO₂-Speicherung. Und warum es wichtig ist, dass Projektverantwortliche frühzeitig kommunizieren.
Drei zentrale Erkenntnisse für Projektverantwortliche von CCS-Projekten
- Frühzeitige politische Kommunikation als Schlüssel: Projektverantwortliche müssen sich frühzeitig in den politischen Dialog einbringen, um Rahmenbedingungen aktiv mitzugestalten. Ohne klare politische Zielsetzung und Öffnung durch die Bundesländer können CCS-Projekte an Land nicht umgesetzt werden.
- Akzeptanz durch konkrete Kommunikation generieren: Bürger*innen und politische Akteur*innen müssen praxisnah über lokale Lösungen informiert werden. Projektverantwortliche sollten verständliche Informationen z. B. zu Sicherheitsmechanismen aufzeigen und Vertrauen in die Technologie schaffen – keine abstrakten Konzepte.
- Strategische Partnerschaften stärken: Der Erfolg von CCS-Projekten hängt von einer engen, gleichberechtigten Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Bevölkerung ab. Alle Beteiligten müssen sich als Partner*innen für Klimaschutz und Wirtschaftskraft positionieren.
Im Interview: Prof. Dr. Walter Frenz, RWTH Aachen University
Warum ist es wichtig, dass Projektverantwortliche bei CCS frühzeitig politisch aktiv werden?
CO₂-Sequestration ist elementarer Baustein des Klimaschutzes – gerade für die energieintensive Industrie, die CO₂ nicht völlig vermeiden kann. Diese Unternehmen haben die Wahl: Entweder emittieren – und das wird immer teurer – oder CO₂ nach untertage verpressen, wo es luftdicht und ausbruchsicher gespeichert ist. In anderen Ländern erfolgt das bereits – für Deutschland ist das bisher nicht möglich und ein erheblicher Wettbewerbsnachteil.
Bei diesen Prozessen gibt es jedoch ein Primat der Politik…
Ja, ohne klare politische Zielsetzung und Rahmung kommen wir nicht voran. Das neue Kohlendioxid-Speicherungs- und Transport-Gesetz schafft die rechtliche Grundlage. Aber: Offshore hat der Bund die Regelungshoheit, Onshore können die Länder entscheiden. Der Bund schafft nur die Option, die Länder geben erst den Weg frei. Die Entscheidungen, die im politischen Raum zu treffen sind, bilden die Grundlage für strategische Unternehmensentscheidungen.
Wie sehen diese strategischen Entscheidungen aus?
Unternehmen müssen ihre Investitionen auf die politischen Rahmenbedingungen ausrichten. Wenn beispielsweise ein Bundesland die Onshore-Speicherung nicht öffnet, müssen alternative Transportwege zu Offshore-Speichern geplant werden. Das erfordert erhebliche Infrastrukturinvestitionen in Leitungen. Darum heißt es jetzt Kohlendioxid-Speicherungs- und Transport-Gesetz – die Zuleitung wird wesentlich stärker geregelt.
Die Konflikte um Onshore-Speicherung gab es ja schon 2011, wie man an Schleswig-Holstein sah.
Natürlich. Damals war vorgesehen, dass Schleswig-Holstein CO₂ aus ganz Deutschland bekommen sollte. Schleswig-Holstein sagte: „Nicht mit uns." Alle Parteien waren dagegen – kurz vor einem Wahlkampf. Vor diesem Hintergrund wurde die Konsequenz gezogen: Offshore wird vom Bund geöffnet, Onshore müssen die Länder entscheiden.
Was sind dabei die größten Herausforderungen?
Ein zentraler Konfliktpunkt ist die Akzeptanz in der Bevölkerung. Ich habe gestern mit Studierenden die CO₂-Sequestration durchgesprochen – 80 Prozent waren dagegen, nur 10 Prozent dafür. Und das waren Studierende des Rohstoffingenieurwesens, der Geowissenschaften, des Umweltingenieurwesens. Dazu kommt: Onshore ist viel sensibler. Wer möchte schon in einem Haus wohnen, das auf einem CO₂-Speicher sitzt? Im Gefühl der Leute mögen da Parallelen zum atomaren Endlager entstehen. Komplexe Zusammenhänge müssen wir so erklären, dass sie für alle gleichermaßen verständlich werden. Nur so bekommen wir Mehrheiten und damit Akzeptanz.
Gerade die Bevölkerung hat ja wenig Wissen über CCS. Wie kann sie dennoch und zumindest in großen Teilen für diese Technologie gewonnen werden?
Akzeptanzkommunikation ist hier der Schlüssel. Die Bevölkerung muss intensiv informiert werden: Wo sind die Sicherungen? Wie wird gewährleistet, dass das nicht wieder hochsteigt? Wo sind die Vorteile für den Klimaschutz, für die Wettbewerbsfähigkeit, für Arbeitsplätze? Wichtig ist, dass wir nicht über abstrakte Konzepte reden, sondern über konkrete, vor Ort nachvollziehbare Maßnahmen. Gleichzeitig braucht es neue Formate, die Verwaltung und Politik einen geschützten Raum für eine strategische Befassung bieten.
Wie sähe denn darauf bezogen die ideale Zusammenarbeit zwischen Projektverantwortlichen, Politik und Bevölkerung aus?
Sie muss eng und partnerschaftlich sein. Unternehmen bringen technisches Know-how und wirtschaftliche Expertise ein, die Politik setzt die strategischen Rahmenbedingungen. Das gelingt nur, wenn beide Seiten von Anfang an auf Augenhöhe agieren und klare Verantwortlichkeiten definieren. Die Unternehmen müssen sich die Zeit nehmen, um zu informieren. Wir sehen bei vielen Projekten im Rohstoffbereich, wie die scheitern, wenn die Bevölkerung nicht mitgenommen wird.
Wie können Projektverantwortliche langfristig ihre Rolle in dieser Transformation stärken?
Der Bevölkerung muss die Problematik aufgezeigt werden: dass wir Klimaschutz brauchen, aber dass es schwierig ist, das ohne Verlust von Wirtschaftskraft zu verwirklichen. Wir sehen die erschreckenden Nachrichten von VW, von Bosch – wieviel Tausende Stellen abgebaut werden. Die energieintensive Industrie ist faktisch geschrumpft. Wenn wir Klimaschutz wollen, müssen wir der Wirtschaft einen Weg eröffnen, der funktioniert. Indem Projektverantwortliche ihre Position als kompetenter Partner von Politik, Verwaltung und Bürgerschaft klar definieren und ausbauen, können sie entscheidend dazu beitragen, die Vision einer klimaneutralen Zukunft Realität werden zu lassen.
Ein herzlicher Dank an Prof. Dr. Walter Frenz für das inspirierende Gespräch und Ihre klaren Impulse zur Rolle der politischen Kommunikation bei CCS-Projekten.
Fazit: Wie kommunizieren Projektverantwortliche CCS?
Wer CCS-Projekte erfolgreich umsetzen will,
- muss frühzeitig den Dialog mit Politik und Verwaltung suchen,
- Akzeptanz in der Bürgerschaft schaffen und
- sich als strategischer Partner für Klimaschutz positionieren.
Kommunikation im politischen Raum, strategisch gedacht und kontinuierlich umgesetzt, wird so zum entscheidenden Hebel, um gemeinsam tragfähige Lösungen für eine nachhaltige Zukunft zu entwickeln.
Vita
Prof. Dr. Walter Frenz ist seit 1997 Leiter des Lehr- und Forschungsgebietes Berg-, Umwelt- und Europarecht an der RWTH Aachen University. Seine Schwerpunkte sind Bergrecht, Genehmigungsverfahren, Umweltrecht, Klimaschutzrecht und Europarecht. Er beschäftigt sich seit 15 Jahren mit CCS und begleitet die rechtliche Entwicklung von der ersten Gesetzesinitiative 2011 bis zum aktuellen Kohlendioxid-Speicherungs- und Transport-Gesetz.